Die Bedeutung des Friedens und der Gewaltfreiheit im gegenwärtigen Moment. Der Weltweite Marsch.
Silo
Berlin, den 11.11.2009
Ein Marsch geht um die Welt – der Marsch für Frieden und Gewaltfreiheit.
Über dieses Thema werde ich vor diesem Forum eine kurze Ansprache halten. Ich tue dies in meiner Rolle als Begründer des Universalistischen Humanismus, der diesen Marsch inspiriert hat. Der Marsch hat den Anstoß zu verschiedenen Initiativen und Aktivitäten gegeben, unter anderem zu der symbolischen Tour eines begeisterten Teams, das drei Monate lang verschiedene Länder durchqueren wird. Diese Tour begann am 2. Oktober in Wellington, Neuseeland, und wird am 2. Januar 2010 am Fuße des Berges Aconcagua in Punta de Vacas, zwischen Argentinien und Chile, enden.
Erstmals präsentiert wurde der Marsch am 15. November 2008 – also vor knapp einem Jahr – beim Symposium des Weltzentrums für Humanistische Studien im "Punta-de-Vacas-Park zum Studium und zur Reflexion", und zwar mit der klaren Absicht, ein Bewusstsein für die gefährliche Situation zu schaffen, in der sich die Welt befindet – eine Situation, die durch die erhöhte Wahrscheinlichkeit eines nuklearen Konflikts, durch die Aufrüstung und die gewaltsamen militärischen Besetzungen fremder Gebiete gekennzeichnet ist.
Dieser Vorschlag gesellschaftlicher Mobilisierung wird von der Humanistischen Bewegung und ihren Organismen vorangetrieben. Innerhalb weniger Monate haben sich tausende Personen, pazifistische und gewaltfreie Organisationen, verschiedenste Institutionen, die sich für die Menschenrechte einsetzen sowie Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Kultur und Politik dem Weltweiten Marsch angeschlossen; sie alle spüren die Dringlichkeit dieses Moments. Der Marsch hat ebenfalls zahlreiche Initiativen in mehr als hundert Ländern inspiriert und zur Bildung eines schnell wachsenden Phänomens kultureller Vielfalt geführt. An dieser Stelle sollte ich auch erwähnen, dass zu diesem ursprünglichen Basisteam ein weiteres Team hinzugekommen ist, das verschiedene Länder des Mittleren Ostens bereist, sowie ein drittes Team, das in Mittelamerika unterwegs ist.
Wir wissen nur zu gut, dass wir in einer weltweit äußerst kritischen Situation leben, geprägt von der Verarmung ganzer Regionen, der Konfrontation zwischen Kulturen und von Gewalt und Diskriminierung, die den Alltag breiter Bevölkerungsteile vergiften. Heutzutage gibt es an zahlreichen Orten bewaffnete Konflikte und gleichzeitig erleben wir eine tiefgreifende Krise des internationalen Finanzsystems. Zu all dem kommt die wachsende nukleare Bedrohung hinzu, die letztlich die höchste Dringlichkeit der Gegenwart darstellt. Das ist eine äußerst komplexe Situation. Zu den unverantwortlichen Interessen der Atommächte und dem Wahnsinn gewalttätiger Gruppen mit möglichem Zugang zu nuklearem Material kleinerer Größenordnung müssen wir das Risiko eines möglichen Unfalls hinzuzählen, der einen verheerenden Konflikt auslösen könnte.
Hierbei handelt es sich nicht um die Summe einzelner Krisen, sondern um ein Gesamtbild, das vom globalen Scheitern eines Systems zeugt, dessen Handlungsmethodologie die Gewalt und dessen zentraler Wert das Geld ist.
Um eine atomare Katastrophe zu verhindern, die unsere mehr oder weniger unmittelbare Zukunft zu bedrohen scheint, müssen wir eben heute an der Überwindung der gesellschaftlichen und persönlichen Gewalt arbeiten und gleichzeitig folgendes fordern:
1.Die weltweite nukleare Abrüstung.
2.Den sofortigen Rückzug der Invasionstruppen aus den besetzten Gebieten.
3.Die progressive und proportionale Abrüstung der Massenvernichtungswaffen.
4.Die Unterzeichnung von Nichtangriffsabkommen zwischen Ländern.
5.Den Verzicht auf den Einsatz von Krieg als Mittel zur Konfliktlösung seitens der Regierungen.
Es muss dringend ein Bewusstsein für Frieden und Abrüstung geschaffen werden. Aber es ist auch notwendig, ein Bewusstsein für die Aktive Gewaltfreiheit zu wecken, um nicht nur die körperliche Gewalt, sondern jede Form von wirtschaftlicher, rassistischer, psychologischer, religiöser und geschlechtsspezifischer Gewalt abzulehnen. Natürlich streben wir danach, dass diese neue Sensibilität zu einem festen Bestandteil der gesellschaftlichen Strukturen wird und sie bewegt, um den Weg für die zukünftige Universelle Menschliche Nation zu bahnen.
Der Weltweite Marsch ruft alle Menschen auf, mitzumachen und die Verantwortung für die Veränderung unserer Welt in die eigenen Hände zu nehmen, indem sie die persönliche Gewalt überwinden und die Ausbreitung dieses positiven Einflusses in ihrer unmittelbaren Umgebung unterstützen.
Während dieser ganzen Zeit finden in vielen Städten und Ortschaften Märsche, Festspiele, Foren, Konferenzen und andere Veranstaltungen statt, um ein Bewusstsein für die Dringlichkeit von Frieden und Gewaltfreiheit zu schaffen. Auf der ganzen Welt vervielfachen die Unterstützungskampagnen dieses Signal, und zwar weit über das hinaus, was man sich bisher vorstellen konnte.
Zum ersten Mal in der Geschichte wird ein Ereignis dieses Ausmaßes durch Initiative der teilnehmenden Personen selbst in Gang gesetzt. Die wahre Kraft dieses Impulses rührt aus der einfachen Handlung derjenigen, die sich aus ihrem Bewusstsein heraus einer würdigen Sache anschließen und sie mit anderen teilen.
Für die Dauer des Marsches bis Januar 2010 – dem Zeitpunkt, an dem die Umstrukturierung der Humanistischen Bewegung stattfinden wird – wurde Rafael de la Rubia zum Vertreter des humanistischen Organismus „Welt ohne Kriege“ ernannt. Die Sprecher für die jeweiligen Kontinente sind: Michel Ussene für Afrika, Sudhir Gandotra für Asien, Giorgio Schultze für Europa, Tomás Hirsch für Lateinamerika und Chris Wells für Nordamerika. Sie alle erhielten die Mission, die „Charta für eine Welt ohne Gewalt“ von den Friedensnobelpreisträgern - bei diesem Gipfel in Berlin - in Empfang zu nehmen, mit der Verpflichtung, sie in all den Ländern zu verbreiten, die der Weltweite Marsch bereist.
In eben dieser „Charta” werden die Grundsätze zum Ausdruck gebracht, die weltweit von allen Menschen guten Willens unterschrieben werden können.
Um langatmige Ausschweifungen zu vermeiden, möchte ich lediglich den neunten Grundsatz dieser Charta hervorheben, der besagt: „Wir ersuchen die Vereinten Nationen und ihre Mitgliedsstaaten, Mittel und Methoden in Betracht zu ziehen, um eine bedeutsame Anerkennung ethnischer, kultureller und religiöser Vielfalt in multi-ethnischen Nationalstaaten zu fördern. Der moralische Grundsatz einer gewaltfreien Welt lautet: »Behandle die anderen so, wie Du selbst von anderen behandelt werden möchtest«.“
Dieser moralische Grundsatz geht über jede Norm und jede Rechtssprechung hinaus, um seine Gültigkeit auf menschlichem Gebiet aufgrund der Empfindung unserer gegenseitigen und gemeinsamen Anerkennung zu verankern, die jenseits jeder Berechnung und jeder Spekulation liegt.
Dieser Grundsatz – von alters her als „Goldene Regel” des Zusammenlebens bekannt – ist einer von den 13 Grundsätzen, die in diesem großartigen Dokument enthalten sind, das weit verbreitet werden muss.
Andererseits dürfen wir es nicht versäumen, einige Punkte zu erwähnen, die zu einem besseren Verständnis unserer Aktivitäten auf dem Gebiet der Gewaltfreiheit führen. Es ist offensichtlich, dass die Voreingenommenheit uns gegenüber ihren Ursprung in Südamerika hatte und sich dort im Laufe des gewaltfreien Kampfes gegen die Militärdiktaturen entwickelte. Es ist eindeutig, dass die Diskriminierung, der wir auf verschiedenen Gebieten ausgesetzt waren, auf die Desinformation und die systematische Verleumdung zurückzuführen ist, unter der wir in unseren Herkunftsländern wie Argentinien und Chile über Jahrzehnte gelitten haben. Die Diktaturen und ihre „Desinformationsorgane“ haben ihre Netze seit jener Zeit gesponnen, in der unsere Aktionen verboten und unsere Aktivisten verhaftet, deportiert und ermordet wurden. Selbst heute noch kann man auf verschiedenen Breitengraden Recherchen über die Verfolgung anstellen, unter der wir nicht nur von Seiten der Faschisten, sondern auch von Seiten einiger „konservativ denkender“ Sektoren gelitten haben. Und man sollte beachten, dass in dem Maße, in dem unsere Aktivitäten sich entfalten, viele Friedensapostel sprichwörtlich ihre Gewänder zerreißen und unser Schweigen fordern oder alle Gruppen oder Personen zurechtweisen, die uns öffentlich erwähnen.
Obschon diese Schmähungen der Vergangenheit angehören, stößt die gewaltfreie Aktion auch heute noch auf Geringschätzung, da man argumentiert, man werde außer große Reden zu halten nichts gegenüber den „wirklich“ Mächtigen ausrichten können, die über die Weltsituation entscheiden. Um dies an Beispielen zu verdeutlichen, schauen wir uns einige Fälle an:
Der erste Fall bezieht sich auf die Kampagnen für die Abschaffung der Wehrpflicht, die vor ein paar Jahren von Humanisten in Argentinien durchgeführt wurden.
Damals hielt man daran fest, es sei unmöglich das Gesetz der Wehrpflicht zu ändern – vor allem, nachdem 1,5 Millionen Unterschriften, die im Laufe eines Aktionsjahres gesammelt wurden, ohne Begründung abgelehnt wurden. Daraufhin erklärte die Exekutive die Unzweckmäßigkeit dieses Versuchs, weil er „die Nation schutzlos den möglichen Aggressionen der angrenzenden Ländern aussetzen würde“. Die öffentliche Meinung war jedoch bereits soweit sensibilisiert, dass die Debatte – ohne die Initiatoren des Projektes zu nennen – ins Rollen kam und in den Medien Echo fand. Später dann unterzeichnete der Präsident der Republik ein „Dekret zur Abschaffung des Wehrdienstes“ und ersetzte ihn durch den freiwilligen Militärdienst. Damals wurde jedoch argumentiert, diese Maßnahme würde ergriffen, weil ein Soldat aufgrund von Misshandlungen in einer Kaserne ums Leben gekommen war. So wie die Dinge liegen, war die lange Kampagne und Mobilisation der Humanisten nicht umsonst, da das willkürliche Gesetz begraben wurde.
Der zweite Fall ereignete sich erst kürzlich in der Tschechischen Republik.
Das sogenannte „Raketenabwehrschild” war seit dem Jahr 2002 ohne das Wissen der tschechischen Bevölkerung und der Europäischen Union in Planung. Im Juni 2006 förderte die Humanistische Bewegung die Entstehung eines Bündnisses verschiedener sozialer und politischer Organisationen, das zu Tage brachte, dass sich 70% der Bevölkerung gegen dieses Projekt aussprach. Man forderte den Stopp dieses Projektes, das eine Gefahr darstellte, und verlangte gleichzeitig ein Referendum. Zwei Humanisten traten in einen Hungerstreik und pazifistische und gewaltfreie Organisationen begannen, den Protest zu unterstützen. Diese Art Protest wurde ein Jahr lang aufrecht erhalten und es schlossen sich Künstler, Akademiker, Wissenschaftler und Bürgermeister an. Schließlich wurde der Protest auch im Europäischen Parlament vorgetragen. Im März 2009 kam es unter Einwirkung verschiedenster Faktoren zum Sturz der damaligen Regierung, aber der Volksprotest und die parlamentarische Opposition zögerten die Ratifizierung des Vertrages zwischen der Tschechischen Republik und den USA hinaus. Im September 2009 ließ Obama vom Projekt des Raketenabwehrschildes in Tschechien und Polen ab.
An dieser Stelle sollten wir zwei Themen betrachten, deren gesellschaftliche Reichweite noch nicht verstanden wurde.
Wie uns allen bekannt ist, sind die Themen Ökologie und Umweltschutz zu einem festen Bestandteil unserer Gesellschaft geworden. Selbst wenn einige Regierungen und gewisse Interessengruppen die Gefahr leugnen, die eine Missachtung des Ökosystems birgt, sehen sie sich unter dem Druck der Bevölkerung doch dazu gezwungen, zunehmend Maßnahmen zu ergreifen – dem Druck einer Bevölkerung, die sich immer mehr Sorgen um die Zerstörung unseres gemeinsamen Hauses macht. Selbst unsere Kinder werden sich dieser Gefahr immer mehr bewusst und in den Grundschulen und den Medien ist das Thema des vorsorglichen Umgangs mit der Umwelt präsent und niemand kann sich dieser Sorge entziehen.
Was aber das Thema Gewalt angeht, hinken wir beträchtlich hinterher. Damit meine ich, dass die Verteidigung des menschlichen Lebens und der elementarsten Menschenrechte auf allgemeiner und globaler Ebene noch keine Wurzeln geschlagen hat. Immer noch rechtfertigt man Gewalt als Verteidigungsmittel und sogar als „Präventivmaßnahme“ gegen mögliche Aggressionen. Und es sieht nicht so aus, dass man Entsetzen bei der Massenvernichtung schutzloser Völker empfindet. Nur wenn die Gewalt unser eigenes Leben in Form von verbrecherischen Bluttaten streift, sind wir alarmiert, aber wir verherrlichen nach wie vor die schlechten Vorbilder, die unsere Gesellschaft und unsere Kinder von klein auf vergiften.
Offensichtlich haben sich bislang weder die Idee noch die Sensibilität durchgesetzt, die in der Lage sind, eine tiefe Ablehnung und einen moralischen Ekel hervorzurufen und die uns von der Ungeheuerlichkeit der Gewalt in ihren verschiedenen Formen fernhalten.
Von unserer Seite aus werden wir alle notwendigen Anstrengungen unternehmen, um die Themen des Friedens und der Gewaltfreiheit in der Gesellschaft nachhaltig zu verankern, und es ist offensichtlich, dass die Zeit kommen wird, in der sowohl individuelle als auch Massen-Reaktionen ausgelöst werden. Das wird der Augenblick sein, in dem unsere Welt eine radikale Veränderung erfahren wird.
Zum Abschluss meiner kurzen Rede möchte ich auf die „Charta für eine Welt ohne Gewalt“ zurückkommen, die von den Friedensnobelpreisträgern und den mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten Organisationen verfasst wurde, um ihre Vorschläge im Verlauf des Weltweiten Marsches für Frieden und Gewaltfreiheit voranzutreiben. Es wird uns eine große Ehre sein, ihre Grundsätze in den konkreten Aktionen des gesellschaftlichen Handelns mit anderen zu teilen, die uns mit Sicherheit in die erwähnte neue Welt führen werden.
Das war alles, vielen Dank.
Berlin, den 11.11.2009
Ein Marsch geht um die Welt – der Marsch für Frieden und Gewaltfreiheit.
Über dieses Thema werde ich vor diesem Forum eine kurze Ansprache halten. Ich tue dies in meiner Rolle als Begründer des Universalistischen Humanismus, der diesen Marsch inspiriert hat. Der Marsch hat den Anstoß zu verschiedenen Initiativen und Aktivitäten gegeben, unter anderem zu der symbolischen Tour eines begeisterten Teams, das drei Monate lang verschiedene Länder durchqueren wird. Diese Tour begann am 2. Oktober in Wellington, Neuseeland, und wird am 2. Januar 2010 am Fuße des Berges Aconcagua in Punta de Vacas, zwischen Argentinien und Chile, enden.
Erstmals präsentiert wurde der Marsch am 15. November 2008 – also vor knapp einem Jahr – beim Symposium des Weltzentrums für Humanistische Studien im "Punta-de-Vacas-Park zum Studium und zur Reflexion", und zwar mit der klaren Absicht, ein Bewusstsein für die gefährliche Situation zu schaffen, in der sich die Welt befindet – eine Situation, die durch die erhöhte Wahrscheinlichkeit eines nuklearen Konflikts, durch die Aufrüstung und die gewaltsamen militärischen Besetzungen fremder Gebiete gekennzeichnet ist.
Dieser Vorschlag gesellschaftlicher Mobilisierung wird von der Humanistischen Bewegung und ihren Organismen vorangetrieben. Innerhalb weniger Monate haben sich tausende Personen, pazifistische und gewaltfreie Organisationen, verschiedenste Institutionen, die sich für die Menschenrechte einsetzen sowie Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Kultur und Politik dem Weltweiten Marsch angeschlossen; sie alle spüren die Dringlichkeit dieses Moments. Der Marsch hat ebenfalls zahlreiche Initiativen in mehr als hundert Ländern inspiriert und zur Bildung eines schnell wachsenden Phänomens kultureller Vielfalt geführt. An dieser Stelle sollte ich auch erwähnen, dass zu diesem ursprünglichen Basisteam ein weiteres Team hinzugekommen ist, das verschiedene Länder des Mittleren Ostens bereist, sowie ein drittes Team, das in Mittelamerika unterwegs ist.
Wir wissen nur zu gut, dass wir in einer weltweit äußerst kritischen Situation leben, geprägt von der Verarmung ganzer Regionen, der Konfrontation zwischen Kulturen und von Gewalt und Diskriminierung, die den Alltag breiter Bevölkerungsteile vergiften. Heutzutage gibt es an zahlreichen Orten bewaffnete Konflikte und gleichzeitig erleben wir eine tiefgreifende Krise des internationalen Finanzsystems. Zu all dem kommt die wachsende nukleare Bedrohung hinzu, die letztlich die höchste Dringlichkeit der Gegenwart darstellt. Das ist eine äußerst komplexe Situation. Zu den unverantwortlichen Interessen der Atommächte und dem Wahnsinn gewalttätiger Gruppen mit möglichem Zugang zu nuklearem Material kleinerer Größenordnung müssen wir das Risiko eines möglichen Unfalls hinzuzählen, der einen verheerenden Konflikt auslösen könnte.
Hierbei handelt es sich nicht um die Summe einzelner Krisen, sondern um ein Gesamtbild, das vom globalen Scheitern eines Systems zeugt, dessen Handlungsmethodologie die Gewalt und dessen zentraler Wert das Geld ist.
Um eine atomare Katastrophe zu verhindern, die unsere mehr oder weniger unmittelbare Zukunft zu bedrohen scheint, müssen wir eben heute an der Überwindung der gesellschaftlichen und persönlichen Gewalt arbeiten und gleichzeitig folgendes fordern:
1.Die weltweite nukleare Abrüstung.
2.Den sofortigen Rückzug der Invasionstruppen aus den besetzten Gebieten.
3.Die progressive und proportionale Abrüstung der Massenvernichtungswaffen.
4.Die Unterzeichnung von Nichtangriffsabkommen zwischen Ländern.
5.Den Verzicht auf den Einsatz von Krieg als Mittel zur Konfliktlösung seitens der Regierungen.
Es muss dringend ein Bewusstsein für Frieden und Abrüstung geschaffen werden. Aber es ist auch notwendig, ein Bewusstsein für die Aktive Gewaltfreiheit zu wecken, um nicht nur die körperliche Gewalt, sondern jede Form von wirtschaftlicher, rassistischer, psychologischer, religiöser und geschlechtsspezifischer Gewalt abzulehnen. Natürlich streben wir danach, dass diese neue Sensibilität zu einem festen Bestandteil der gesellschaftlichen Strukturen wird und sie bewegt, um den Weg für die zukünftige Universelle Menschliche Nation zu bahnen.
Der Weltweite Marsch ruft alle Menschen auf, mitzumachen und die Verantwortung für die Veränderung unserer Welt in die eigenen Hände zu nehmen, indem sie die persönliche Gewalt überwinden und die Ausbreitung dieses positiven Einflusses in ihrer unmittelbaren Umgebung unterstützen.
Während dieser ganzen Zeit finden in vielen Städten und Ortschaften Märsche, Festspiele, Foren, Konferenzen und andere Veranstaltungen statt, um ein Bewusstsein für die Dringlichkeit von Frieden und Gewaltfreiheit zu schaffen. Auf der ganzen Welt vervielfachen die Unterstützungskampagnen dieses Signal, und zwar weit über das hinaus, was man sich bisher vorstellen konnte.
Zum ersten Mal in der Geschichte wird ein Ereignis dieses Ausmaßes durch Initiative der teilnehmenden Personen selbst in Gang gesetzt. Die wahre Kraft dieses Impulses rührt aus der einfachen Handlung derjenigen, die sich aus ihrem Bewusstsein heraus einer würdigen Sache anschließen und sie mit anderen teilen.
Für die Dauer des Marsches bis Januar 2010 – dem Zeitpunkt, an dem die Umstrukturierung der Humanistischen Bewegung stattfinden wird – wurde Rafael de la Rubia zum Vertreter des humanistischen Organismus „Welt ohne Kriege“ ernannt. Die Sprecher für die jeweiligen Kontinente sind: Michel Ussene für Afrika, Sudhir Gandotra für Asien, Giorgio Schultze für Europa, Tomás Hirsch für Lateinamerika und Chris Wells für Nordamerika. Sie alle erhielten die Mission, die „Charta für eine Welt ohne Gewalt“ von den Friedensnobelpreisträgern - bei diesem Gipfel in Berlin - in Empfang zu nehmen, mit der Verpflichtung, sie in all den Ländern zu verbreiten, die der Weltweite Marsch bereist.
In eben dieser „Charta” werden die Grundsätze zum Ausdruck gebracht, die weltweit von allen Menschen guten Willens unterschrieben werden können.
Um langatmige Ausschweifungen zu vermeiden, möchte ich lediglich den neunten Grundsatz dieser Charta hervorheben, der besagt: „Wir ersuchen die Vereinten Nationen und ihre Mitgliedsstaaten, Mittel und Methoden in Betracht zu ziehen, um eine bedeutsame Anerkennung ethnischer, kultureller und religiöser Vielfalt in multi-ethnischen Nationalstaaten zu fördern. Der moralische Grundsatz einer gewaltfreien Welt lautet: »Behandle die anderen so, wie Du selbst von anderen behandelt werden möchtest«.“
Dieser moralische Grundsatz geht über jede Norm und jede Rechtssprechung hinaus, um seine Gültigkeit auf menschlichem Gebiet aufgrund der Empfindung unserer gegenseitigen und gemeinsamen Anerkennung zu verankern, die jenseits jeder Berechnung und jeder Spekulation liegt.
Dieser Grundsatz – von alters her als „Goldene Regel” des Zusammenlebens bekannt – ist einer von den 13 Grundsätzen, die in diesem großartigen Dokument enthalten sind, das weit verbreitet werden muss.
Andererseits dürfen wir es nicht versäumen, einige Punkte zu erwähnen, die zu einem besseren Verständnis unserer Aktivitäten auf dem Gebiet der Gewaltfreiheit führen. Es ist offensichtlich, dass die Voreingenommenheit uns gegenüber ihren Ursprung in Südamerika hatte und sich dort im Laufe des gewaltfreien Kampfes gegen die Militärdiktaturen entwickelte. Es ist eindeutig, dass die Diskriminierung, der wir auf verschiedenen Gebieten ausgesetzt waren, auf die Desinformation und die systematische Verleumdung zurückzuführen ist, unter der wir in unseren Herkunftsländern wie Argentinien und Chile über Jahrzehnte gelitten haben. Die Diktaturen und ihre „Desinformationsorgane“ haben ihre Netze seit jener Zeit gesponnen, in der unsere Aktionen verboten und unsere Aktivisten verhaftet, deportiert und ermordet wurden. Selbst heute noch kann man auf verschiedenen Breitengraden Recherchen über die Verfolgung anstellen, unter der wir nicht nur von Seiten der Faschisten, sondern auch von Seiten einiger „konservativ denkender“ Sektoren gelitten haben. Und man sollte beachten, dass in dem Maße, in dem unsere Aktivitäten sich entfalten, viele Friedensapostel sprichwörtlich ihre Gewänder zerreißen und unser Schweigen fordern oder alle Gruppen oder Personen zurechtweisen, die uns öffentlich erwähnen.
Obschon diese Schmähungen der Vergangenheit angehören, stößt die gewaltfreie Aktion auch heute noch auf Geringschätzung, da man argumentiert, man werde außer große Reden zu halten nichts gegenüber den „wirklich“ Mächtigen ausrichten können, die über die Weltsituation entscheiden. Um dies an Beispielen zu verdeutlichen, schauen wir uns einige Fälle an:
Der erste Fall bezieht sich auf die Kampagnen für die Abschaffung der Wehrpflicht, die vor ein paar Jahren von Humanisten in Argentinien durchgeführt wurden.
Damals hielt man daran fest, es sei unmöglich das Gesetz der Wehrpflicht zu ändern – vor allem, nachdem 1,5 Millionen Unterschriften, die im Laufe eines Aktionsjahres gesammelt wurden, ohne Begründung abgelehnt wurden. Daraufhin erklärte die Exekutive die Unzweckmäßigkeit dieses Versuchs, weil er „die Nation schutzlos den möglichen Aggressionen der angrenzenden Ländern aussetzen würde“. Die öffentliche Meinung war jedoch bereits soweit sensibilisiert, dass die Debatte – ohne die Initiatoren des Projektes zu nennen – ins Rollen kam und in den Medien Echo fand. Später dann unterzeichnete der Präsident der Republik ein „Dekret zur Abschaffung des Wehrdienstes“ und ersetzte ihn durch den freiwilligen Militärdienst. Damals wurde jedoch argumentiert, diese Maßnahme würde ergriffen, weil ein Soldat aufgrund von Misshandlungen in einer Kaserne ums Leben gekommen war. So wie die Dinge liegen, war die lange Kampagne und Mobilisation der Humanisten nicht umsonst, da das willkürliche Gesetz begraben wurde.
Der zweite Fall ereignete sich erst kürzlich in der Tschechischen Republik.
Das sogenannte „Raketenabwehrschild” war seit dem Jahr 2002 ohne das Wissen der tschechischen Bevölkerung und der Europäischen Union in Planung. Im Juni 2006 förderte die Humanistische Bewegung die Entstehung eines Bündnisses verschiedener sozialer und politischer Organisationen, das zu Tage brachte, dass sich 70% der Bevölkerung gegen dieses Projekt aussprach. Man forderte den Stopp dieses Projektes, das eine Gefahr darstellte, und verlangte gleichzeitig ein Referendum. Zwei Humanisten traten in einen Hungerstreik und pazifistische und gewaltfreie Organisationen begannen, den Protest zu unterstützen. Diese Art Protest wurde ein Jahr lang aufrecht erhalten und es schlossen sich Künstler, Akademiker, Wissenschaftler und Bürgermeister an. Schließlich wurde der Protest auch im Europäischen Parlament vorgetragen. Im März 2009 kam es unter Einwirkung verschiedenster Faktoren zum Sturz der damaligen Regierung, aber der Volksprotest und die parlamentarische Opposition zögerten die Ratifizierung des Vertrages zwischen der Tschechischen Republik und den USA hinaus. Im September 2009 ließ Obama vom Projekt des Raketenabwehrschildes in Tschechien und Polen ab.
An dieser Stelle sollten wir zwei Themen betrachten, deren gesellschaftliche Reichweite noch nicht verstanden wurde.
Wie uns allen bekannt ist, sind die Themen Ökologie und Umweltschutz zu einem festen Bestandteil unserer Gesellschaft geworden. Selbst wenn einige Regierungen und gewisse Interessengruppen die Gefahr leugnen, die eine Missachtung des Ökosystems birgt, sehen sie sich unter dem Druck der Bevölkerung doch dazu gezwungen, zunehmend Maßnahmen zu ergreifen – dem Druck einer Bevölkerung, die sich immer mehr Sorgen um die Zerstörung unseres gemeinsamen Hauses macht. Selbst unsere Kinder werden sich dieser Gefahr immer mehr bewusst und in den Grundschulen und den Medien ist das Thema des vorsorglichen Umgangs mit der Umwelt präsent und niemand kann sich dieser Sorge entziehen.
Was aber das Thema Gewalt angeht, hinken wir beträchtlich hinterher. Damit meine ich, dass die Verteidigung des menschlichen Lebens und der elementarsten Menschenrechte auf allgemeiner und globaler Ebene noch keine Wurzeln geschlagen hat. Immer noch rechtfertigt man Gewalt als Verteidigungsmittel und sogar als „Präventivmaßnahme“ gegen mögliche Aggressionen. Und es sieht nicht so aus, dass man Entsetzen bei der Massenvernichtung schutzloser Völker empfindet. Nur wenn die Gewalt unser eigenes Leben in Form von verbrecherischen Bluttaten streift, sind wir alarmiert, aber wir verherrlichen nach wie vor die schlechten Vorbilder, die unsere Gesellschaft und unsere Kinder von klein auf vergiften.
Offensichtlich haben sich bislang weder die Idee noch die Sensibilität durchgesetzt, die in der Lage sind, eine tiefe Ablehnung und einen moralischen Ekel hervorzurufen und die uns von der Ungeheuerlichkeit der Gewalt in ihren verschiedenen Formen fernhalten.
Von unserer Seite aus werden wir alle notwendigen Anstrengungen unternehmen, um die Themen des Friedens und der Gewaltfreiheit in der Gesellschaft nachhaltig zu verankern, und es ist offensichtlich, dass die Zeit kommen wird, in der sowohl individuelle als auch Massen-Reaktionen ausgelöst werden. Das wird der Augenblick sein, in dem unsere Welt eine radikale Veränderung erfahren wird.
Zum Abschluss meiner kurzen Rede möchte ich auf die „Charta für eine Welt ohne Gewalt“ zurückkommen, die von den Friedensnobelpreisträgern und den mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten Organisationen verfasst wurde, um ihre Vorschläge im Verlauf des Weltweiten Marsches für Frieden und Gewaltfreiheit voranzutreiben. Es wird uns eine große Ehre sein, ihre Grundsätze in den konkreten Aktionen des gesellschaftlichen Handelns mit anderen zu teilen, die uns mit Sicherheit in die erwähnte neue Welt führen werden.
Das war alles, vielen Dank.
marianagarcia - 13. Nov, 15:07